„Setze den Fuß selten in das Haus deines Nächsten, damit er deiner nicht überdrüssig wird und anfängt dich zu hassen.“ Sprüche 25,17
Eine meiner langjährigen Herzensmenschen war bei mir zu Besuch, als sie mich fragte, ob sie mein Ladegerät verwenden dürfte, um ihr Handy aufzuladen. Klar, darf sie. Mir lag noch ein „Kannste auch einfach nehmen, da musst du gar nicht fragen“ auf den Lippen, aber verkniff es mir. Die Wahrheit ist, dass ich es sehr wertschätzend fand, dass sie es nicht als selbstverständlich ansah und nachfragte, bevor sie es nahm. Das mag eine Kleinigkeit sein und Selbstverständlichkeiten mögen sich in unserem Empfinden unterscheiden. Was wir allerdings alle gemeinsam haben ist, dass wir irgendwo Grenzen der Selbstverständlichkeit haben und uns alle nicht gern ausnutzen lassen.
Diese Weisheit aus dem Sprüchebuch hat genau das im Blick, dass wir auch in unseren engen Beziehungen Grenzen respektieren und Großzügigkeit als Geschenk und nicht als Selbstverständlichkeit sehen. Der Vers steht in einer Verbindung, wo es heißt: „Hast du Honig gefunden, iss nur deinen Bedarf, damit du ihn nicht satt wirst und ihn ausspeist!“ V. 16. Das Prinzip dahinter lautet, dass man Vorsicht in Bezug auf ein „Zuviel des Guten“ üben sollte, da auch eine Überdosis an Gutem negative Konsequenzen haben kann.
Es geht um Maßhalten, um Selbstkontrolle und um Respekt. Freundschaften und Beziehungen brauchen weiterhin diskrete Sensibilität und das Wahren der Privatsphäre des Anderen. Freundschaften werden erstickt, wenn ich mein Wohlbefinden auf Kosten der Grenzen des Anderen priorisiere.
„Setze den Fuß selten ins Haus deines Nächsten“ bedeutet also nicht, dass man seine Freunde nicht oft besuchen gehen kann, aber es bedeutet, dass man die Einladung des Anderen nicht ausnutzt.
Es gibt kein Recht auf die Großzügigkeit eines Freundes, sondern es bleibt ein Geschenk, das ich dankbar empfangen darf.
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